Das Nervensystem und sein Einfluss auf sexuelle Störungen
Das Nervensystem ist ein komplexes Geflecht aus Subsystemen, Verbindungen, Botenstoffen und Schaltstellen und ist eng mit der menschlichen Sexualität verbunden. Geschädigte Nerven, ob durch Verletzung oder aufgrund einer Krankheit, können sich daher vielfältig auf die sexuelle Leistungsfähigkeit auswirken. Unter anderem entstehen dadurch manchmal Erektionsstörungen. Hier erfährst Du, wie Nervenschädigungen und Erektionsstörungen zusammenhängen.
Ohne das Nervensystem wären wir nicht lebensfähig. Denn es regelt viele der bewussten und unbewussten Körperfunktionen wie Atmung oder Bewegung. Vor allem aber verbindet es uns mit der Außenwelt und ermöglicht uns, Reize (fühlen, riechen, schmecken, sehen, hören) wahrzunehmen und darauf zu reagieren.
Im Wesentlichen besteht das Nervensystem aus zwei großen Bereichen: dem zentralen Nervensystem (ZNS) und dem peripheren Nervensystem (PNS).
Das Zusammenspiel aller Nervensysteme bewirkt also, dass einerseits lebenswichtige Funktionen ohne unser bewusstes Zutun aufrechterhalten werden und wir andererseits unsere Umgebung wahrnehmen und auf sie bewusst und willkürlich reagieren können.
Um zu verstehen, wie es zu erektilen Dysfunktionen durch Nervenschädigungen kommt, schauen wir uns zunächst an, welche Funktionen und Abläufe im Körper zu einer Erektion führen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das ZNS (zentrales Nervensystem), also Gehirn und Rückenmark.
Im Gehirn, genauer gesagt im Zwischenhirn, sitzt der Hypothalamus. Dieser Teil des Gehirns reguliert das vegetative Nervensystem. Weiterhin beeinflusst der Hypothalamus durch die Ausschüttung von Hormonen verschiedene Organe, darunter auch die Sexualorgane (Hoden, Eierstöcke).
Interessanterweise wird das Zentrum im Gehirn nicht nur durch sinnliche Reize wie Berührung, Geruch, Sehen oder Hören beeinflusst, sondern auch von Erinnerungen, z. B. an frühere sexuelle Erlebnisse oder Fantasien.
Wird im Hypothalamus ein sexueller Reiz ausgelöst, wandert das Signal vom Gehirn in das Rückenmark. Dort wird von den Signalen (Neurotransmitter) ein Reflex hervorgerufen, der zu einem Anstieg des Blutflusses in den Penis führt, während sich gleichzeitig die Venen, die Blut abtransportieren, zusammenziehen. So staut sich das Blut im Penis und führt zu einer Erektion.
Störungen im Nervensystem, ob durch Schädigung von Nerven oder neurologische Erkrankungen wie Parkinson, können die Funktion der Sexualorgane beeinträchtigen. Man spricht in diesem Fall von neurogener erektiler Dysfunktion (Neurogene ED). Experten schätzen, dass sich 10-19 Prozent aller Fälle von erektiler Dysfunktion auf neurogene (nervlich bedingte) Ursachen zurückführen lassen.4
Störungen können dabei im zentralen und im peripheren Nervensystem auftreten.
Rückenmarksverletzung: Diese Verletzungen sind zwar eher selten, aber dafür sehr häufig mit erektiler Dysfunktion verbunden. Fast 80 Prozent aller Männer mit Rückenmarksverletzungen erleben Erektionsstörungen, wobei diese sowohl auf organische als auch psychosomatische Ursachen zurückzuführen sind. Abhängig von der Schwere der Verletzung kann es auch vorkommen, dass es den Betroffenen gar nicht mehr möglich ist, eine Erektion zu erreichen.
Multiple Sklerose (MS): Die besonders bei jungen Erwachsenen häufig auftretende Autoimmunerkrankung greift die Nerven auf besondere Weise an. Die Krankheit schädigt die Schutzhülle (Myelin) der Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark. Durch die Schädigung des Myelins verlangsamt sich die Signalübertragung in den Nerven oder wird ganz unterbrochen. Dies führt zu den vielfältigen Symptomen von MS, zu denen unter anderem Erektionsstörungen gehören. Bis zu 70 % der MS-Patienten leiden an erektiler Dysfunktion, wobei man unterscheidet zwischen
Parkinson: Bei der chronischen neurodegenerativen (mit dem Absterben von Nervenzellen einhergehenden) Erkrankung unterscheidet man zwischen Haupt- und Nebensymptomen. Hauptsymptome zeigen sich im Bewegungsapparat durch Zittern oder Steifheit, während zu den Nebensymptomen zum Beispiel Sprachstörungen oder Depression gehören. Die Krankheit beeinflusst auch den Transport von Dopamin, das für die sexuelle Erregung und eine Erektion nötig ist. Dennoch wird das Thema erektile Dysfunktion bei an Parkinson Erkrankten häufig vernachlässigt. Obwohl laut Experten6 42 bis 79 Prozent der Erkrankten von Erektionsstörungen betroffen sind, erhalten nur wenige eine entsprechende Behandlung.
Schlaganfall: Ein Schlaganfall kann in allen Gehirnarealen auftreten. Ob und in welchem Maße ein Schlaganfall die Erektionsfähigkeit beeinflusst, hängt von der Schwere und dem betroffenen Hirnareal ab. Man geht davon aus, dass zwischen 17 % und 48 % der Erkrankten von Erektionsstörungen betroffen sind.7 Dabei spielen sowohl die potenzielle Unterbrechung wichtiger Nervenverbindungen als auch die medikamentöse Behandlung und psychologische Nachwirkungen eines Schlaganfalls eine Rolle.
Diabetes mellitus: Der chronisch erhöhte Blutzucker bei Diabetespatienten führt zur Schädigung der Blutgefäße, die auch die Nerven versorgen. Diese erhalten weniger Sauerstoff und Nährstoffe und können so auch die Erektionsfähigkeit beeinflussen.
Urologische Operationen: Vor allem durch Operationen an der Prostata können Nervenschädigungen entstehen, die die sexuellen Funktionen beeinflussen. Da die für eine Erektion wichtigen Nervenstränge und Blutgefäße nah an der Prostata liegen, kann eine Verletzung nicht immer vermieden werden.
Nervenschädigungen durch schädliche Substanzen: Chemotherapien, Alkohol- und Drogenmissbrauch können sowohl die Nervenzellen im Gehirn als auch die peripheren Nerven schädigen.
Nervenkompression (eingeklemmter Nerv): Ob durch eine falsche Bewegung oder durch lang anhaltenden Druck – auch physische Aktivitäten können in seltenen Fällen Nerven schädigen, die für die Erektionsfähigkeit wichtig sind. Unter anderem wurde untersucht, ob Fahrradfahren über lange Strecken durch den anhaltenden Druck auf die Nerven im Gesäß und im Genitalbereich Erektionsstörungen verursachen kann. Auch wenn beim Fahrradfahren Nerven und Arterien im Genitalbereich komprimiert und potenziell geschädigt werden können, wurde bislang kein wissenschaftlich haltbarer Zusammenhang zwischen Fahrradfahren und Erektionsstörungen gefunden.
Autonome (nicht durch äußere Verletzungen verursachte) Nervenschäden, die zu Erektionsstörungen führen, können auch Beschwerden in angrenzenden Organen wie Blase oder Darm verursachen. Ein Hinweis auf eine Nervenschädigung könnte sein, wenn Erektionsstörungen gleichzeitig mit Symptomen wie Inkontinenz, Durchfall oder Verstopfung auftreten.
Wurden Nerven im Beckenbereich durch äußere Einflüsse, z. B. Operationen oder Unfälle, verletzt, können unter anderem Symptome wie ein Brennen, Stechen oder Taubheit im unteren Beckenbereich, Schmerzen während des Geschlechtsverkehrs, Harndrang und häufiges Wasserlassen ein Hinweis sein.
In jedem Fall sollten Erektionsstörungen ärztlich untersucht werden. Hast Du den Verdacht, dass die Ursache eine Nervenschädigung sein könnte, informiere Deinen Arzt / Deine Ärztin darüber. Denn nur durch eine professionelle Untersuchung erhältst Du ein genaueres Bild.
Sollte die Diagnose NED (Neurogene erektile Dysfunktion) lauten, gibt es gute und erprobte Therapiemöglichkeiten. Die sogenannten PDE-5-Inhibitoren (Phosphodiesterase-5-Hemmer), besser bekannt unter dem Namen der Wirkstoffe Sildenafil, Tadalafil oder Vardenafil haben sich auch bei NED als effektiv und sicher erwiesen. Alternativ oder zusätzlich können Vakuum-Therapien (Penispumpe), Penisinjektionstherapien, chirurgische Eingriffe und Psychotherapien Betroffenen helfen.
Sexualität und Erektionsfähigkeit hängen wesentlich von Abläufen im zentralen (ZNS) und peripheren Nervensystem (PNS) ab. Schädigungen der Nerven in diesem Bereich – vor allem Gehirn, Rückenmark und Nervenfasern in der Beckenregion – können Erektionsstörungen verursachen oder begünstigen. Rückenmarksverletzungen, neurologische Erkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose (MS) oder ein Schlaganfall schädigen vor allem Nerven im ZNS und können häufiger mit einer erektilen Dysfunktion einhergehen. Diabetes oder Operationen, z. B. an der Prostata, können Schäden im PNS verursachen und so zu Erektionsstörungen beitragen. In jedem Fall solltest Du - vor allem länger anhaltende – Erektionsstörungen ärztlich abklären lassen, da Erektionsstörungen auch ein früher Hinweis auf Gefäßerkrankungen (Herz-Kreislauf) oder neurologische Störungen sein können.
Erkrankungen des Nervensystems wie Parkinson, Multiple Sklerose oder Schlaganfall können Erektionsstörungen verursachen. Auch eine Diabetes-Erkrankung kann die Nerven schädigen und eine erektile Dysfunktion verursachen oder begünstigen. Außerdem können für Erektion zuständige Nerven durch äußere Einflüsse wie Operationen oder Unfälle verletzt werden.
Ja, Nervenschäden können in verschiedenen Nervensystemen auftreten, im zentralen (ZNS) und im peripheren Nervensystem (PNS). Rückenmarksverletzungen, Parkinson, Multiple Sklerose und Schlaganfall können durch Schädigungen im ZNS zu Erektionsstörungen führen. Diabetes oder urologische Operationen können Nervenschäden im PNS verursachen und so zu erektiler Dysfunktion führen oder beitragen.
Es gibt mehrere diagnostische Verfahren, die zur Messung der Geschwindigkeit elektrischer Signale (Nervenleitgeschwindigkeitstest) sowie elektrischer Aktivität von Muskeln (Elektromyografie) genutzt werden können. Dadurch können mögliche Nervenschäden nachgewiesen und lokalisiert werden.
Ja, die Behandlungsoptionen umfassen vor allem medikamentöse Therapie mit PDE-5 Hemmern (z. B. Sildenafil), Vakuum-Therapie, Penisinjektionstherapien, chirurgische Eingriffe und Psychotherapie.
Ja, Erektionsstörungen können manchmal ein frühes Anzeichen für neurologische Erkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose oder sogar einen bevorstehenden Schlaganfall sein. Es ist wichtig, bei anhaltenden Erektionsproblemen einen Arzt / eine Ärztin zu konsultieren, um mögliche zugrunde liegende neurologische Ursachen zu untersuchen.
Zur Behandlung von Erektionsstörungen werden häufig Medikamente wie Viagra (Sildenafil), Cialis (Tadalafil) und andere PDE-5-Inhibitoren eingesetzt, die den Blutfluss zum Penis verbessern und eine Erektion unterstützen. Diese Medikamente sind effektiv für viele Männer und sollten nach Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden. Es ist wichtig, sich über mögliche Nebenwirkungen und die richtige Anwendung zu informieren, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
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